Wenn der Regen zum Segen wird
Hast Du Dich schon mal über eine Situation oder eine Entwicklung in Deinem Leben richtig geärgert? Weil es einfach ganz anders gelaufen ist, als Du es Dir vorgestellt, ja, sogar geplant hast? Du hattest ganz genau vor Augen, wie es eigentlich hatte aussehen sollen – und dann sowas…
Eigentlich ist es eine blöde Frage, denn wir alle erleben das, mal häufiger, mal weniger häufig im Leben. Mich hat es heute Morgen mal wieder erwischt: Ich bin zur Zeit in Israel, um für ein Projekt zu recherchieren. Eigentlich hatte ich mit meinem Mietwagen viel herumreisen, Fotos machen und Infos sammeln wollen. Und nun das: Über die Hälfte meiner bisherigen Zeit war das Wetter eher regnerisch bis stürmisch und die nächsten fünf Tage soll es nicht anders werden. Druck begann heute früh in mir aufzusteigen: Die Zeit rennt! Was, wenn ich nicht alles schaffe bis zum Tag der Abreise?
Doch dann schickte mir mein Freund eine Sprachnachricht und meinte: „Manchmal ist es gut, wenn man dazu gezwungen wird, es langsamer angehen zu lassen – manchmal schafft man dann viel mehr.“ Statt unterwegs zu sein, könnte ich schreiben und planen, meinte er. Als ich meinen ersten Unmut über den Rat und die Wahrheit in seinen Worten überwunden hatte (denn ganz im Ernst: Ich liebe es, unterwegs zu sein und Neues zu erleben und manchmal fällt es mir echt schwer, einfach nur zu sitzen), lenkte Gott meinen Blick auf sich. Und ich begann zu ahnen, dass es wieder mal um den Blick auf das Geschehen geht. Wenn ich mich darauf versteife, dass etwas eigentlich so sein soll, wie ich es mir ausgemalt habe, dann ist Enttäuschung vorprogrammiert. Doch wenn ich tief durchatme und sage: Okay, Gott – offensichtlich hast Du etwas anderes vor! Also zeig mir, was Du schon siehst. Lass mich hören, was Du mir jetzt sagen willst. – Dann ergibt sich eine ganz neue Fülle von Möglichkeiten und vielleicht sogar Freude auf die Planänderung, die es manchmal braucht. Das können kleinere Dinge sein, so wie gerade bei mir, in denen ich einfach spontan bleiben muss. Aber immer mal wieder erleben wir solche Situationen auch im Größeren: Wenn sich Beziehungen ändern, ich einen Job doch nicht bekomme, mir etwas verwehrt bleibt wegen privater oder sogar weltweiter Umstände. Anstatt das als Segen zu sehen, kommt es uns meist wie ein Regensturm vor, der uns am alten Ort, aus dem wir so gerne ausbrechen wollen, festhält.
Dabei ist Regen in der Bibel ein Bild für Segen (Hes 34,26). Er ist das Geschenk Gottes, das die Schöpfung furchtbar macht (Gen 1,5; Ps 147,8; Jes 55,10), das reinigt (Gen 7,11), das trockenes Land wieder belebt (Jer 14,4), und er ist auch ein Bild für den Heiligen Geist, den Gott am Ende der Tage ausgießen will (Jes 44,1ff., Joel 3,1) – um nur einige sehr wenige Beispiele zu nennen. Und auch heute noch ist Regen in Israel ein Sinnbild für Segen: Nach den vielen trockenen Monate des Sommers braucht das Land Wasser – viel Wasser. Die Seen und Reservoirs füllen sich wieder bis zum Anschlag, der Jordan wird wieder kräftiger, die Natur bekommt an vielen Orten ein sattes, tiefes Grün, das ich hier vorher noch nie gesehen habe.
Nun sitze ich hier also in meinem Ferienapartment, schaue in die Wolken und horche auf die Regenschauer und denke an meine eigenen Regenmomente im Leben und frage mich, was Dich wohl gerade beschäftigt. Und mir kommt der Gedanke:
Was, wenn wir anfangen, flexibler zu werden? Vertrauensvoller, dass Gott Herr über den Regen ist und ihn zu etwas gebrauchen will? Freudvoll auch im Regen – in einer Welt, in der die wahre Freude, die auf unserem Glauben an Jesus ruhen kann, so oft so fern ist?
Was, wenn wir anfangen, den Regen als Segen zu sehen – und anfangen im Regen zu tanzen und andere damit anzustecken?
Was wäre, wenn…?
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