Das Tote Meer – Paradies für nicht nur für Spa-Liebhaber! Teil 2 – En Gedi
Gar nicht weit von Masada entfernt liegt En Gedi. En Gedi hat sich schon in der Bibel einen Namen gemacht, doch heute ist es vor allem durch das Kibbuz bekannt, das 1953 gegründet wurde. Heute gibt es beim Kibbuz ein hochwertiges Hotel und auch sonst ist En Gedi ein großer Name für Israelis und Touris, denn hier kann man hauseigene Kosmetika kaufen und im Toten Meer baden. Allerdings ist der Spiegel des Meeres in den letzten Jahren so sehr zurückgegangen, dass die Anlage nicht mehr direkt am Wasser liegt. Nun muss man mit speziellen Wagen ans Ufer fahren. Doch all das schaue ich mir heute nicht an – auf meinem Plan steht das Nature Reserve mit seinem Wanderweg am berühmten Nachal David.
Ich finde es immer wieder fantastisch, wie viel Wert Israel auf seine Naturparks und archäologischen Sehenswürdigkeiten legt. Viel wird in die Bewahrung dieser Orte investiert, kein Wunder also, dass Touristen und Einheimische hier gerne viel Zeit verbringen. Das En Gedi Nature Reserve ist sehr in seiner Erscheinung sehr besonders: Mitten durch eine Schlucht schlängelt sich der Hauptweg, und zwar Richtung „Davids Wasserfall“.
Vorbei an ganz besonderen Pflanzen, die es sonst kaum irgendwo auf der Welt gibt, geht der Weg, immer wieder ausgestattet mit bielreichen Erklärungen. Doch Ausschau halten die meisten Besucher nicht nach den Pflanzen, sondern nach den Tieren: Der nubische Steinbock klettert hier in ganzen Herden über die steilen Felswände und ständig gibt es Schilder, die davor warnen, dass die zarten Tiere Steinlawinen auslösen können, die dann den Wanderer gefährden können.
Daneben gibt es noch die süßen Klippschliefer und tatsächlich Raubtiere wie Leoparden, Hyänen, Wölfe, Füchse und Schlangen. Über teils steile Felsen führt mich der Wanderweg, immer wieder vorbei an kleinen Wasserfällen, an denen Touristen und einheimische Baden. Mir kommt es (wie letztes Mal) eher vor wie ein Freizeitpark als wie ein antiker Ort, an dem die Bibel wieder ein Stückchen realer wird.
Nachdem ich durch einen kleinen Wassertunnel gegangen bin, bin auch bald schon da und ich sehe ihn vor mir: den Wasserfall Davids.
Der Nachal David heißt aber nicht so, weil David ihn etwa entdeckt hätte. Nein, hier spielte sich ein Teil von Davids Leben ab, in dem er noch nicht der erfolgreiche und viel gefeierte König war, als den wir ihn alle kennen. Wenn Du Davids Geschichte vor Augen hast, dann weißt Du, dass er schon als junger Mann zum König gesalbt wurde. Aber es gab da ein kleines Problem: Es gab noch einen anderen König, der in Amt und Würden war. Saul hatte den Bund mit Gott gebrochen und es war eine Frage der Zeit, bis David an seine Stelle treten würde. Als Menschen, die mit Hollywood-Filmen und damit mit Geschichten rund um Intrigen groß geworden sind, würden wir vielleicht erwarten, dass David irgendwie einen Weg in den Palast sucht, indem er Vertraute um sich schart und Saul schließlich gestürzt wird. Aber David zeigt sich schon hier, ganz zu Beginn, als wahrer Mann nach Gottes Herzen: Er unternimmt nichts dergleichen – stattdessen führt er ein Leben auf der Flucht vor Saul, der von Davids Erwählung durch Gott weiß und ihn deshalb abgrundtief hasst und fürchtet. Mit den Kämpfern und Freunden, die ihm treu ergeben sind, zieht er durch das Land – zum einen dem Auftrag als angehender König nachgehend, den Gott ihm gegeben hat, zum anderen vor Saul fliehend, damit es nicht zum Gefecht kommt und er dem von Gott einst eingesetzten König etwas antun müsste. Als David und seine Männer nach En Gedi kommen, übernachten sie in einer Höhle – und zwar an dem Ort, wo heute der Wasserfall Davids ist, so heißt es. Während David dort mit seinen 600 Mann Unterschlupf findet, wird er verraten und Saul zieht ihm mit 3000 Soldaten nach, um ihn zu töten. Eines Nachts sucht der alte König Israels einen ruhigen Ort, um seine Notdurft zu verrichten (die Bibel ist wirklich extrem ehrlich, oder?), und findet sich in der Höhle wieder, in der auch David ist. Davids Männer sehen hier eine von Gott gegebene Chance, dass er den Thron übernehmen könnte, indem er Saul, der nichts mitbekommt, nun töten könnte. Aber David schneidet nur einen Zipfel von Sauls Gewandt ab und sagt danach zu seinen Männern die berühmten Worte, mit denen er sich als wahrer König erweist: Das sei vor dem HERRN fern von mir, dass ich so etwas an meinem Herrn, dem Gesalbten des HERRN, tun sollte, meine Hand an ihn zu legen, denn er ist der Gesalbte des HERRN! (1 Sam 24,7, ELB) An dieser Stelle wird der riesige Unterschied zwischen David und Saul und David und den meisten anderen Herrschern der Geschichte dieser Welt deutlich: David ehrt Gott und Seine Entscheidungen und damit auch die von Ihm eingesetzten Menschen und wartet auf den von Gott gegebenen Zeitpunkt.
David folgt Saul, als dieser die Höhle wieder verlässt, und spricht ihn an, um ihm sein Herz und seine Intention zu offenbaren: Mein Herr und König! Und Saul sah sich um, und David neigte sein Gesicht zur Erde und warf sich nieder. Da sagte David zu Saul: Warum hörst du auf die Worte von Menschen, die sagen: Siehe, David sucht dein Unglück? Siehe, an diesem Tag haben deine Augen gesehen, dass der HERR dich heute in meine Hand gegeben hat in der Höhle. Und man drängte mich, dich umzubringen. Aber ich habe dich verschont und dachte: Ich will meine Hand nicht an meinen Herrn legen, denn er ist der Gesalbte des HERRN! Sieh, mein Vater, ja, sieh den Zipfel deines Oberkleides in meiner Hand! Denn dass ich einen Zipfel deines Oberkleides abgeschnitten und dich nicht umgebracht habe, daran erkenne und sieh, dass meine Hand rein ist von Bosheit und Aufruh…! (1Sam 24, 9-12, ELB)
Nach seiner Rede schließen David und Saul einen Bund, denn Saul erkennt seine Schuld und bittet um Vergebung und sagt: Und nun siehe, ich habe erkannt, dass du König, ja, König werden wirst und dass in deiner Hand das Königtum Israels Bestand haben wird. (V.21, ELB) Und er nimmt David das Versprechen ab, dass er, sobald er König ist, Sauls Familie und Nachkommen verschonen wird. David stimmt zu und wird dem Versprechen tatsächlich bis zum Letzten entsprechen, als Saul und sein Sohn Jonathan (Davids bester Freund) ums Leben kommen.
Es ist also ein ganz besonderer Ort, in seiner Erscheinung und seinen Merkmalen, aber auch oder sogar vor allem geistlich, denn der von Gott erwählte König geht durch eine harte Lebensschule, lebt Demut und Vertrauen in Gott und wächst so in die Rolle hinein, die Gott ihm zugedacht hat: der menschliche Vorgänger des Messias zu werden.
Wir alle wissen, dass es nicht immer so elegant bei David läuft. Er macht Fehler. Viele Fehler. Brutale Fehler. Menschliche Fehler. Und er trägt die Folgen und wächst immer enger mit seinem Gott zusammen. Jedes Mal, wenn ich von David lese, merke ich, wie sehr er mein Herz bewegt, denn genau das möchte ich auch: In meine von Gott über mir ausgesprochene Berufung hineinwachsen, nicht in eine, die ich will; mein Leben nach Gottes Willen und Seinem Herzen ausrichten, auch wenn das manchmal heißt, dass mein Stolz und mein allzu menschlicher Verstand zurückstehen müssen; auf den unsicheren Abschnitten meines Lebens, wenn ich eher aussehe wie ein Obdachloser als eine Erwählte Gottes, mehr Vertrauen zu Gott fassen, anstatt eigenständig zu handeln; Gott zu preisen mit meinen Taten, anstatt dem einfachen Weg nachzugeben, den manche Menschen, so lieb ich sie auch habe, mir zuflüstern; die Konsequenzen meiner Fehler in Demut tragen, aber auch im Vertrauen, dass Gottes Zusagen deswegen nicht aufhören zu existieren, sondern ich einfach noch auf dem Weg bin – und dass Gott weitermacht mit mir. Und all das will ich jeden Tag meines Lebens neu. Nicht nur ab und zu. Sondern ein ganzes Leben in Vertrauen und Nachfolge.
Hier in Israel fällt mir das so leicht, denn hier laufe ich auf den Wegen, auf denen Gottes Volk und schließlich sein Sohn und dessen erste Jünger gelaufen sind. Vielleicht kennst Du das auch: Es gibt Orte, da fällt Glaube einem leicht. Aber wenn der Alltag kommt und man sich so weit weg fühlt von diesen Orten – was dann? Dann brauchen wir eine Erinnerung, etwas, was uns das Gefühl zurückgibt, etwas, was uns wachrüttelt, was uns aufweckt. Was ist das bei Dir? Ist es ein Mensch, mit dem Du viel erlebt hast? Ist es ein Bibelvers? Ist es ein Foto oder ein Lied? Oder einfach die lang ersehnte Ruhe, in der Du ganz allein mit Gott bist? Was immer es ist, gönn Dir diese Ermutigung zwischendurch immer mal wieder. Denn wir alle brauchen sie, einfach weil wir wie David Menschen sind.
Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund dein Lob verkünde. Denn du hast kein Gefallen am Schlachtopfer, sonst gäbe ich es; Brandopfer gefällt dir nicht. Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten. Tue Zion Gutes in deiner Gunst, baue die Mauern Jerusalems! (Psalm 51,17-20, ELB)
En Gedi hat noch wesentlich mehr zu bieten als diesen einen Wasserfall, der mir so wichtig geworden ist. Über Stunden kann man die Felsebene hochklettern und entlangwandern, durch den Wadi Arugot zum versteckten Wasserfall und den oberen Pools, zum Kibbuz En Gedi selbst, zum sog. Fenster-Wasserfall und zur En Gedi Feldschule. Aber all das würde Stunden dauern, man bräuchte festes Schuhwerk (ich laufe tatsächlich mit Billigsandalen…) und man sollte wohl etwas früher losgehen. Nun habe ich noch einen Grund, wieder nach Israel zu kommen – und Du vielleicht auch.
Falls Du weitere infos zu En Gedi und manchen Funden suchst, findest Du mehrere Artikel auf der Homepage des Instituts für Israelogie:
https://www.israelogie.de/das-land-israel/en-gedi-erfrischende-oase-in-der-wueste/
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